Zadar / Kroatien. Sonne, Meer & Winnetou

von Ergänzungsspieler

Die ungewöhnlich frühen hessischen Sommerferien bewogen mich, meinen jährlichen Urlaub mit meinem Sohn in den Sommerferien anzutreten. Sonst reisten wir immer eine Woche im Herbst. Begründung: Nicht so warm, nicht so viel los.

Über einen kroatischen Kollegen sind wir dann rein zufällig in Zadar / Kroatien gelandet. Da irgendwie jeder Kroate jeden anderen Kroaten zu kennen scheint, hat selbstverständlich ein Kumpel / Kollege / Verwandter meines Kollegen eine Wohnung in dieser Stadt, die er selbstredend an Feriengäste vermietet. Eine kurze Recherche über Zadar ergab: Sonne, Meer & Winnetou = sofortige Zusage. Eines der nahegelegenen Naturschutzgebiete, in denen die unglaublich überschätzten Karl May Bücher (macht bloß nicht den Fehler, die als Erwachsener zu lesen) verfilmt wurden (macht bloß nicht den Fehler, die als Erwachsener zu sehen) werden wir uns am Mittwoch ansehen. Die Dinger müssen echt toll sein.

Entgegen meiner Annahme durchdringt die WM 2018 Kroatien ebenso viel oder eben ebenso wenig wie Deutschland. Na klar ist jeder Gastro-Betrieb beflaggt und mehrere Fernseher laufen – es geht ja schließlich ums Geschäft; und logo: Es laufen 12-jährige im nationalen Leiberl umher und ja, ein paar Autofahrer haben an der Tankstelle zugeschlagen und die wunderbaren Autofähnchen und Rückspiegeldingensüberzieher gekauft. Ich hätte aber bei einer Nation, die ja noch nicht so ewig unabhängig ist, sich diese Unabhängigkeit zudem erstreiten musste und aufgrund ihrer Bevölkerungsgröße bei weitem nicht automatisch mit einem Überstehen der Vorrunde rechnen kann, mit sehr viel mehr Euphorie gerechnet.

Sei es drum. Das Spiel beginnt in einer halben Stunde. Wir haben uns im Epizentrum der sehenswerten Altstadt Zadars einen grandiosen Tisch direkt vor einem der unzähligen Bildschirme geschnappt, zunächst monströse Eisportionen bestellt und lassen unsere Blicke über das bunte Treiben treiben. Diese kroatischen Karos hätte sich kein gnadenlos überbezahltes strategisches Marketingteam während mehrerer Brainstormings in New York besser ausdenken können. Das wirkt und ist ein unbezahlbares Alleinstellungsmerkmal. Modrics dominieren vor Rakitics. Kein einer Rebic. Ich habe genau aufgepasst. Obschon das Codewort „Rebic“ im Kontakt mit erst reservierten Einheimischen sofortige menschliche Nähe kreiert. „I also watched the German Cup Final“ ist die übliche Antwort. Fußball ist noch immer der beste internationale soziale Katalysator des Universums.

Die Hymnen. Die Nachbarbar ballert noch immer Musike auf den Platz. Während des Islandliedes schallt Eurythmics „here comes the rain again“, was durchaus eine gescheite Hymne für dieses Island wäre. Ohnehin könnte man mal überlegen, im jährlichen Wechsel gescheite Popklassiker zur Hymne zu befördern. Gäste rufen dann hektisch eine technisch versierte Servicekraft herbei, den Ton des Fernsehers auf Anschlag zu stellen und dann die Musik des benachbarten Barbetriebes ausschalten zu lassen. Ein minutenlanges hin und her, welches just zum Anpfiff gelingt, um jedoch punktgenau durch das pünktlich einsetzende Scheppern des eisernen Muezzins konterkariert zu werden. Die eiserne Faust Roms klammert sich auch hier noch immer an ein hoffentlich letztes bisschen Restpräsenz.

Das Spiel als solches beobachten die Einheimischen sehr gelassen. Die Mannschaft ist nicht nur für das Achtelfinale qualifiziert, es braucht zudem noch ein unwahrscheinliches Ergebnisse im Parallelspiel, um Kroatien vom ersten Platz der Gruppe zu fegen. Ohne Rebic / Rakitic / Manzukich (schreibt man den so?) dokumentiert schon die Aufstellung entspannte Gelassenheit. Island hat dann im fröhlich dahinplätschernden Spiel einige Achtungschancen, ehe Kroatien nach der Führung dann sogar Modric auswechselt, den Ausgleich kassiert, Rakitic einwechselt und halt Zwoeins gewinnt. Die Tore Kroatiens werden ohne die ganz große Euphorie bejubelt. Ebenso wie der Schlusspfiff.

Die dann folgenden sporadischen Autokorsos schließen dann den Kreis zu der in Deutschland zu beobachtenden moderaten WM Euphorie.

Wir werden zum Achtelfinalkick Kroatiens noch immer hier sein. Ich bin mir sehr sicher, dass dieser Tag voller elektrisierender Spannung sein wird und Rebic spielen, treffen und siegen wird.

Wir sehen uns in Europa.

 

3 Gedanken zu „Zadar / Kroatien. Sonne, Meer & Winnetou“

  1. Leck-o-pfanni!
    Watt für’n Text.
    Congrats!
    Have fun!

    Es sieht gut aus für Kroatien. Die Wettquoten auf den Titel befinden sich im Sturzflug nach unten. Zum Glück habe ich ‘nen Zwanni vor! der WM gewettet – 630 zurück – quasi finazieren mir die Jungs die Dauerkarte ;-))

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