Das energetische Band ist angespannt – Mitgliederversammlung der Eintracht

von SGE_Papa

Heute mal ein Gastbeitrag vom geschätzten SGE_Papa, meinem fast-Nachbarn und Adler-Podcast-Genossen – er berichtet für uns exklusiv über die Eintracht-Mitgliederversammlung. Herzlichen Dank, Frank, für deinen Text!


Nun ist sie also gelaufen die ordentliche Mitgliederversammlung 2022 von Eintracht Frankfurt. Im Vorfeld gab es ein Raunen, dass etwas Großes passieren würde. Meist hinter vorgehaltener Hand und so richtig wusste keiner was. Nun, vielleicht weil auch nichts komplett Unerwartetes passiert ist. Und doch ist das „energetische Band“ (keine Sorge, erkläre ich noch) an diesem Montagabend durchaus strapaziert und getestet worden. Ich hoffe Euer Band der Aufmerksamkeit reißt nicht. Der Abend ging 5 Stunden, das kann man nicht in wenigen Worten zusammenfassen. Aber der Reihe nach.

Erstmal ein wenig Enttäuschung. Extra etwas früher angereist, wollte ich im Fanshop endlich – Online geht es ja nicht in diesem digitalen Sportverein :o) – mein Frauentrikot in Männergröße kaufen. Also wenn es denn da gewesen wäre. Leider nicht eines auf Lager. Also auch nicht die Damenversion. Wann? Wie? Wo? Nobody knows. Na gut, ich finde ja immer was als offizielles Merch-Opfer.

Aber vor Ort war ich natürlich wegen der MV. Auf dem Plan stand ein eher standardisiertes Programm für eine Mitgliederversammlung eines Vereins. Diese Tatsache vergessen manche gefühlt oft, wir sind letztlich ein Spartenverein mit 50 Abteilungen unterschiedlichster Art. Die Eintracht ist nicht nur Herren-Profifußball und die Sportlerehrung diverser Welt-, Europa- und Deutscher Meister zeigt das auch. Aber neben den üblichen Berichten und Reden sowie Satzungsänderungen, war durchaus Platz für zu erwartende Kontroversen. Würde Peter Fischer wieder triumphal gewählt? Welche Spuren hat die Pandemie hinterlassen und dann gab es noch das Thema Nachwuchsleistungszentrum, welches an die Fußball AG angeschlossen werden sollte. Und würde das energetische Band halten? Bis zu 1.000 Mitglieder waren in der Spitze dabei, um dem beizuwohnen.

Der Abend begann, nach den üblichen Formalien, aber erwartet emotional und positiv. Schön war, dass vom Frauen- und Männerteam die Cheftrainer sowie einige Spieler da waren. Neben Sophia Kleinherne und Tanja Pawollek, waren Seppel Rode und Evan N’Dicka vor Ort und zudem der bejubelte, unkaputtbare Makoto Hasebe war da. „Wir fragen ihn nach jeder Saison wie es weitergeht und er sagt ich mache weiter.“ Ein gewohnt lockerer und energetischer Peter Fischer zog sein Resümee über die abgelaufene Saison. Natürlich kamen nach einem kleinen Eröffnungsvideo auch die Erinnerungen an Barcelona und den epischen Europapokalsieg zur Sprache. Er sparte aber auch nicht mit Lob für die Eintracht Frauen, die ebenso eine herausragende Saison gespielt haben und in Sevilla dabei waren als Unterstützung. Für mich als DK Inhaber am Brentanobad und EFC Mitgründer eines Fanclub für die Eintracht Frauen, war das wirklich ein tolles Signal. In seiner vereinenden Art hat Peter deutlich gezeigt, dass die Frauen schon kurze Zeit nach der Fusion ein wichtiger Bestandteil der Eintracht sind. Gut gemacht Peter!

Es wäre aber nicht der Peter, wenn nicht auch kritische Punkte offen angesprochen würden und so sparte er nicht an Kritik am Verhalten auch unserer Kurve in Marseille. Solche Aussagen und sein klares Statement im Rahmen des Supercup in Helsinki werden ihm nachgetragen wie man noch sehen sollte.

Die Zahlen des Vereins erspare ich Euch. Ich fasse sie mal als sehr solide zusammen. Bei der AG würde das später anders sein.

Axel Hellmann glänzte wie immer mit rhetorischem Feinschliff und einer gut strukturierten Rede. Zurecht stellte er die Einzigartigkeit des Pokalsiegs heraus und wie eine geschlossene Mannschafts- und Teamleistung sich zu diesem großen Finale gebildet und entwickelt hatte. Und da war es dann sein „energetisches Band“, dass er gerne bemüht. Ich mag dieses Bild. Es ist Ausdruck einer Geschlossenheit, eines Zusammenhalts. Immer wieder denke ich an den Pokal zurück, als genau die gleiche Dynamik, nach dem Scheitern in 2017, im Folgejahr zum Erfolg führte. So war es auch wieder auf dem Weg zum Europapokal zu beobachten. Und das war auch seine Message an die Eintracht-Frauen. Das Scheitern in der CL Quali war Pech, aber weitermachen, wiederkommen, vollenden. Dass die Mädels schon eine sehr geschlossene Mannschaft sind und das Band schon geknüpft haben, kann man gut erkennen, wenn man sich dafür interessiert.

2 Punkte seien noch herausgehoben. Ein Band zu Peter Feldmann gibt es nicht mehr. Zerschnitten, zerrissen, zerfetzt, kaputt. Sein rüpel- und tölpelhaftes Verhalten am Tag nach dem Europokalsieg ist hinreichend dokumentiert und diskutiert. Er hat sich damit komplett unmöglich gemacht, indem er kein Team-Player war und denen, die es verdient hatten, die Bühne gab, sondern aus niederen, narzisstischen Interessen gehandelt hat. Hier hat Axel keinen Zweifel gelassen. Der November wird kommen, auch wenn er sich frei von politischen Einlassungen sieht. Der Typ muss weg. Also Frankfurt, do your thing! 

Und reichlich Spannung ist auch zu den Personen in der Fanbase, die mit hirnverbrannten Taten – seien es faschistische Grußgesten oder Pyro, welches die Hand verlässt – mal wieder Konsequenzen für alle riskieren. Ja, die UEFA hat uns schon das zweite blaue Auge gehauen. Aber jetzt gibt es sicherlich keinen Spielraum mehr. Er benennt es klar, das sind Angriffe auf Leib und Leben anderer und das ist nicht tolerierbar! Spürt ihr auch die Spannung im energetischen Band? Kommt schon Zug drauf.

Aber da geht noch was. Oliver Frankenbach musste berichten, dass Corona nicht nur eine Delle, sondern einen Krater im Eigenkapital hinterlassen hat. Ohne die Aktienübertragung gegen Geld im vergangenen Jahr, wäre es schon weg. So bleibt ein kläglicher Rest des Puffers, den wir durch Transfers und gute Leistungen erarbeitet hatten. Insgesamt 80 Mio, haben die Zuschauerausschlüsse uns im Ergebnis über die beiden letzten Jahre gekostet. Erstmal durchatmen. Was für eine Zahl. Aber, und das bringt eben die Brisanz ins Spiel oder eben Spannung aufs Band, es wurde bestätigt, dass man nach Möglichkeiten sucht, weiteres Eigenkapital, das für die Stabilität der AG und damit auch des Vereins notwendig ist, aufzutun. Bisher hat sich dadurch der Anteil des eV nicht verringert und liegt konstant bei etwas über 67%. Das, so kann man raushören, werde zukünftig nur noch schwerlich möglich sein. In der Fachsprache nennt man das Verwässerung, weil der Anteil an der AG geringer wird.

Angabe gemäß stehen die Investoren Schlange und in der aktuellen erfolgreichen und guten Zeit, verkauft man sich natürlich zu einem besseren Marktwert. Ziel ist, so kristallisierte es sich heraus, Investoren mit regionalem Bezug zu finden und mit einer Bindung. Ok, also kein komisches Getränk und kein Auto- Pharma oder IT Konzern. Immerhin etwas. Wir sind eben mit dem Pokal im Autokorso in der Menge und nicht auf dem Balkon oder im Doppelstockbus, wie Axel betont. Dem kann man nur zustimmen. Trotzdem kommt hier in Kombination mit dem Antrag das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) in die Fußball AG zu integrieren, etwas zusammen, was Bauchgrummeln macht. Und in diesem Kontext kommt dann bei dem Tagesordnungspunkt doch etwas Unerwartetes. Und zwar für alle und entsprechend wirbelt es die sonstigen Tagespunkte der Satzungsanpassung durcheinander, die bis auf einen dann sauber durchlaufen.

Sebastian Braun, auf Twitter besser bekannt als @SuperSebb und noch besser bekannt durch seinen tolle Aufkleberaktion gegen Rassismus – Homophobie – Faschismus #FrankfurtKlebtBunt, bringt einen Dringlichkeitsantrag ein, dass der Verein sich klar zu 50+1 bekennt und bei Investorenverhandlungen beachten muss, dass der eV nicht weniger als 60% der Aktien hält, sprich die Verwässerung begrenzt und zu 50+1 ein Puffer vorhanden ist. Zudem solle kein einzelner Investor mehr als 24,9% Anteile haben. Der Grund liegt auch hier im Aktienrecht, da man mit 25% einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat und das würde unter anderem den Einfluss des eV, als Anteilseigner, verringern oder blockieren. Das kann keiner wollen und ich möchte auch keiner der handelnden Personen unterstellen, dass sie etwas Böses für die Eintracht will. Ich denke gerade Axel und Peter sind ob ihrer Historie frei von jedem Zweifel. Es schadet aber auch nicht, dass die Versammlung hier Leitplanken setzt und dem Vorstand und Präsidium für die Verhandlungen Grenzen mitgibt. Das ist das Recht der Mitglieder und in den Abstimmungen konnte man sehen, dass es einen Nerv getroffen hat. Vielleicht hat der eine oder die andere auch erst durch die Diskussion dazu gemerkt, wo der Adler übers Pfefferfeld fliegt oder wie das heißt.

Jedenfalls wurde mit mehr als 2/3 zugestimmt, dass der Antrag abgestimmt wird (Ja, so läuft das) und dann wurde dieser auch noch mehrheitlich angenommen. Hat das eine rechtliche Bindung? Ich denke nicht. Aber doch eine moralische, die deutlich macht, dass eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder möchte, dass hier kein Ausverkauf stattfindet. Auch wenn sie sich nicht zu Wort gemeldet hat (wieso eigentlich?) hatte man den Eindruck, dass die sog. aktive Fanszene das sehr begrüßt hat. Und wo ist jetzt der Zusammenhang mit dem NLZ? Dieses wurde letztlich durch mehrheitlichen Beschluss in die Fußball AG integriert und damit aus dem eV herausgelöst, was zu Aufatmen auf dem Podium und einer Lockerheit in besagtem Band führte. Wozu? Nun, die Auflage der DFL ist, dass die Bundesligisten ein NLZ haben müssen und die SGE hatte das an den eV ausgelagert. Mit der neuen zweiten Mannschaft und der Schaffung des neuen Profizentrums möchte man – und das ist absolut gut und richtig – die Nachwuchsförderung in einer Hand haben. Wo ist also das Problem? Folgendes wäre als Schreckensszenario denkbar. Es wird Nachwuchs ausgebildet, der, um die Ertragsforderungen eines Investors zu erfüllen, dann verscherbelt wird. Das kann keiner wollen und wenn man, was ich tue, Markus Krösche glaubt, ist das Ziel die Durchlässigkeit der Profimannschaft für den eigenen Nachwuchs zu erhöhen. Dann sage ich mal, also los!

Ist das ein Misstrauensvotum für Peter oder Axel oder Frankenbach? Absolut Nein! Aber letztlich haben Investoren eigene Interessen und ich glaube Peter, wenn er mit einer gewissen Getroffenheit betont, dass er IMMMER nur die Stärkung und Rechte der Mitglieder im Sinne hat. Mein lieber Peter, ich mag Dich wirklich sehr. Alles an Deiner Art, Deiner Energie, Deinem Enthusiasmus und auch dass Du frei Schnauze redest. Spieler kommen mir nicht mehr auf die Trikots sondern PETERFISCHER. Aus Gründen! Und dem redegewandten Axel traue ich auch nichts Böses in dieser Sache zu. Aber gerade deswegen und weil Euer Herz doch für, mit und als Fan schlägt, kann es doch hilfreich sein zu wissen, wo die Mehrheit der Versammlung die Grenzen sieht. Nehmt das doch bitte mit und beherzigt das. Und insbesondere wegen der widrigen Umstände der letzten Zeit. DANKE! Für Eure Arbeit und dass ihr uns doch nur mit blauen Fleckchen da durchbekommen habt.

Fast zur Randnotiz wurde, was vorher das große Ereignis sein sollte, die Wiederwahl von Peter Fischer. Er hatte eigentlich noch einiges im Köcher, Er wollte nochmal alle anzünden, um für seine Wiederwahl zu werben. Für seine 8. (!) Amtszeit. Eigentlich sagt das alles, aber da war es wieder, dieses Band, was wie ein Rotes durch den ganzen Abend führte. Jetzt bekam es nochmal deutlich Spannung. Zunächst als bestimmt wurde, dass die Wahl geheim sein sollte und dann durch das Ergebnis. Peter wurde von 80% der Stimmen erneut gewählt. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch! Von Herzen! Es war aber eben nicht so deutlich wie letztes Mal. Insbesondere, weil die aktive Fanszene das tat, was sie ihm – ich empfinde das ehrlicher als dann zu sagen wir wollen bei der Wahl nicht gesehen werden – auch angekündigt haben. Sie ist eben doch nachtragend unsere Fanszene oder zumindest Teile davon. Wenn das das unterschwellige Grummeln war, na dann. Letztlich kamen die 80% nur zustande, weil man die Enthaltungen nicht mitzählt. Derer gab es fast 100 und so wäre das reine Ergebnis aller Anwesenden eben nur in den oberen 60ern gewesen. Peter nahm es in seiner üblichen Art. Konstruktiv, gelassen und mit einnehmender Emotionalität, in dem er erklärte, er sei eben der Präsident aller Eintrachtler, auch derer, die ihn nicht gewählt haben. Auch für die sei er da. Das ist eben der Peter. Unser Präsi! Am Ende holt er alle ran und entspannt das emotionale Band, auf dass es nicht zerreiße. Die Zeit von Boxhieben auf dem Podium scheint vorbei. Wir knüpfen jetzt Bande. Forza SGE!

4 Gedanken zu „Das energetische Band ist angespannt – Mitgliederversammlung der Eintracht“

  1. Danke für die Zusammenfassung/Bericht/Einschätzung.

    Ich fand die geheime Abstimmung übrigens richtig. Und ich gehöre nicht zur aktive Fanszene oder den Grummlern, auch wenn ich den Peter nicht ganz so unkritisch sehe wie Du.

    Aber die Satzung unseres Vereines sagt eben auch die Wahl ist geheim, lediglich wenn es nur einen Kandidaten gibt, dann kann man offen abstimmen. Dies macht Sinn, wenn man Wahlzettel einsammeln und mühsam auszählen muss.
    Musste man am Montag aber nicht 🙂
    Statt schlicht zu sagen “So, wir stimmen jetzt noch einmal per Stimmgerät ab” hat man sich entschieden erst (per Stimmgerät und geheim) abzustimmen, ob man öffentlich abstimmt. Und dann hat man erneut zum Stimmabgabegerät gegriffen….merkste selber wie quatschig dies war, gell 😉
    Man wollte halt von Vereinsseite unbedingt offen abstimmen, wieso auch immer.

    Dies sind halt die kleinen Spielchen in Vereinen, dafür lieben wir unseren doch auch. Auch toll dass sich Mitglieder mit Redebeiträgen gemeldet haben (und ich eine Stimme sogar erkannt habe!), auch dies gehört dazu – in der ganzen Bandbreite der Wortmeldungen.

  2. Eintracht-Laie,

    Klar. Formell gebe ich dir recht. Ich verstehe auch, dass nicht jeder das offen möchte. Wenn aber so eine breite Basis auf Konfrontation gehen wollte, dann hätte ich mir gewünscht, dass mehr Leute was sagen. Mir war es wichtig Sebastians Antrag nochmal zu bekräftigen. Denke auch man sollte seine Stimme ruhig einsetzen.

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