#RBLSGE – Adlerkater oder der Versuch einer Einordnung

von Schnix

Liest man sich so die Reaktionen einiger Internetpöbler auf dieses Spiel in Leipzig durch, scheint sich unsere Mannschaft, die ja sowieso nur aus charakterlosen Millionären besteht, die samt und sonders keinen Bock auf Fußball haben, im direkten Fall in die dritte Liga zu befinden, oder noch besser, in Selbstauflösung und Abmeldung vom Spielbetrieb. Ich hatte es im Vorwort zu meinen Kadergedanken schon mal angemerkt, zuallererst haben wir es bei den Jungs da auf dem Rasen mit Menschen und nicht mit Maschinen zu tun. Menschen machen Fehler, und ohne Fehler würden in der Bundesliga keine Tore fallen. Bei jedem noch so perfekt vorgetragenen Angriff muss irgendein Verteidiger oder der Torwart einen Fehler gemacht haben. Meist sind es sogar viele Fehler, eine Fehlerkette. Bei all diesen Frustschreiern, die jetzt schon wissen, dass die Saison im Eimer ist, würde ich mir wünschen, dass sie mal über ihre Art und Weise ihres Umgangs mit Menschen nachdenken, und sich vielleicht mal überlegen wie das für sie wäre, wenn sie für jeden noch so kleinen ihrer Fehler in ihrem Beruf öffentlich dermaßen bepöbelt würden und ihnen jegliche Eignung abgesprochen würde, am besten genauso substanzlos.

Frustriert nach einer Niederlage der Aktiengesellschaft unseres Herzens? Ja, bin ich auch. Gerade, weil das Gesamtpaket Eintracht Frankfurt für mich nicht nur aus der AG besteht, sondern eben aus dem gesamten Verein mit allen Spielern, Mitarbeitern, und den vielen anderen Verrückten, die sich über den Adler verbunden fühlen. Und ich gucke mir das jetzt ein halbes Jahrhundert an. Deswegen mache ich mir nach einer Niederlage nicht so ins Hemd.

Was also ist eigentlich passiert? Eintracht Frankfurt hat als CL-Achtelfinalist bei RB Leipzig, einem anderen CL-Achtelfinalisten und direkten Konkurrenten um die erneute Qualifikation für die CL, was das erste Mal über die Liga wäre, in einem umkämpften Spiel knapp 2:1 auswärts verloren. Schade, aber völlig normal.

Betrachten wir uns die Voraussetzungen beider Teams:
Kaderwert RB Leipzig: 493 Millionen €, SGE: 267 Millionen €,
CL Teilnahmen RB Leipzig seit 2017 bis auf 2018 dauerhaft, SGE erstmals,
A-Nationalspieler RB Leipzig: 18, SGE: 11
Nehmen wir noch die beiden anderen Schwergewichte dazu:
FC Bäh: 995 Mio €, immer, 23, BVB: 522 Mio, immer, 14.
Und die Mannschaften, mit denen wir am ehesten konkurrieren:
Leverkusen: 416 Mio €, fast immer, 13, Gladbach: 233 Mio €, ab und zu, 12,
Wolfsburg: 188 Mio €, 2, 9, Union: 117 Mio, keine, 7, Freiburg: 161 Mio €, keine, 10.

Aktuell stehen auf den ersten drei Plätzen die, die da immer stehen und von ihren Kaderwerten auch da hingehören, Leverkusen und Gladbach schwächeln, Freiburg und Union spielen über ihren Verhältnissen, wir bislang auch eher.

Haben wir also gedacht, wir sind Eintracht Frankfurt, wir fahren da hin und gewinnen und fahren wieder heim? Wirklich? Gehofft? Ja, natürlich! Wäre es, wenn alles super läuft, möglich gewesen? Ja, klar, immer. Aber wirklich erwartet? Ganz ehrlich? Nein.

Am Samstag ist eigentlich alles völlig normal gelaufen. Die Mannschaft, die momentan einen Lauf hat und vor Selbstvertrauen strotzt und gerade eine der besten Vereinsmannschaften der Welt in ernste Schwierigkeiten gebracht und ihr ein Remis abgerungen hat, hat weniger Fehler gemacht und ihre individuelle und mannschaftliche Klasse weitgehend aufs Feld gebracht. Die Mannschaft, die momentan etwas Schwierigkeiten hat, die Selbstverständlichkeit der Vorrunde wiederzufinden und gerade nach großer Vorfreude und Erwartungen gegen eine Mannschaft verloren hat, die den momentan vielleicht besten Lauf in Europa hat, hat mehr Fehler gemacht und ihre PS nicht ganz so aufs Feld gebracht, wo zudem noch ein Schlüsselspieler fehlte. Tja, passiert. In den letzten Jahren haben wir oft über unseren Verhältnissen gespielt und oft davon profitiert, dass andere unter Wert gespielt haben.

Und so passiert es dann, dass ein Spieler, Tuta, der momentan auch so ein wenig seine stabile Form sucht, schon nach fünf Minuten einen einfachen Stoppfehler produziert, den dann der hochklassige, formstarke Gegenspieler, Forsberg, sofort ausnutzt und einen anderen Klassespieler, Werner, sofort steil schickt, und der dann mit Glück und wegen eines Stolperers den Ball ins Tor bugsiert. Ein anderer Spieler als der nicht mehr so schnelle Hasebe hätte Werner vielleicht noch stören können. Ein, trotz Fehler von Tuta und auch Hasebe, eher glückliches Tor für Leipzig. So, und wenn Du dann nach einem europäischen Dämpfer und nach sechs Minuten dann schon wieder hinten liegst, ist das nicht sonderlich motivierend. Ja, fast alle haben etwas unter ihren Möglichkeiten gespielt, aber trotz dem zweiten Nackenschlag, bei dem Werner den Ball äußerst glücklich durch die Beine von Hasebe, der vorher auch das Abseits aufhebt, zu Forsberg spielt und der dann keine Mühe hat, haben sie sich wieder berappelt, unsere Jungs. Tore passieren durch Fehler, ob in der sechsten, vierzigsten, oder neunzigsten Minute. Sie haben sich reingekämpft und weiter mutig attackiert. Ein Super-Tor von Sow, Leipzig wackelte. Habt Ihr gesehen wie Rose an der Auslinie rumtobte? Mit Panik in den Augen? Tja, und dann kann er halt Nkunku, Silva, Haidara, Schlager und Simakan einwechseln. Das ist ein Unterschied.

Und ich fand es völlig in Ordnung, hoch zu pressen und zu versuchen, denen Stress zu machen. Hat halt nicht geklappt. Und natürlich soll Jesper in Dribblings gehen, und natürlich bleibt er immer wieder hängen. Messi auch. Und etliche Male kommt er dann halt durch, in der zweiten Halbzeit war er wieder viel besser, mit etwas Glück macht er den Ausgleich. Der muss genau so weitermachen, endlich haben wir jemanden, der vorne Dribblings gewinnt und Gegenspielern wegläuft. Genauso Kolo Muani. Lasst den genau so weitermachen. Er ist eben (noch) kein Weltklassespieler. Und lasst Smolcic weiter spielen, der hat alles, der wird. Kamada hat nach der WM Schwierigkeiten, wieder in einen Flow zu kommen. aber auch der wird sich wieder berappeln. Ich bin mehr als zufrieden mit unserem Kader, wir sind halt keine regelmäßige Spitzenmannschaft.

In Wolfsburg sollte trotzdem was gehen, aber natürlich ist das, wie überall in der Liga, nicht selbstverständlich. Nichts ist selbstverständlich in der Liga, für keinen. Gladbach hat vier Stück bekommen von Mainz, Schalke berappelt sich, Freiburg lässt auch Federn und Union ebenso. Wir liegen komplett im Soll, und wenn es uns, möglichst bald, gelingt, wieder in einen Lauf zu kommen, ist nach wie vor viel, sehr viel drin. Leipzig z.B. ist im Hinspiel hier böse unter die Räder gekommen, und stehen jetzt wo? Abgerechnet wird zum Schluss. Union im Pokal ist schwer, sehr schwer, aber machbar. Und Neapel? Wenn alles normal läuft, geht da nichts mehr. Neapel ist eine der formstärksten Mannschaften zur Zeit, aber sie sind nicht Real Madrid. Die bringt nichts aus der Ruhe, gar nichts, nicht mal ein Zwei-Tore-Rückstand in Liverpool. Dann schießen sie halt fünf. Und wenn nicht, dann haut sie das auch nicht um. In La Liga momentan nicht Erster? Macht denen nix. Und wenn sie nix gewinnen, eine Saison, macht denen das auch nix. Dann halt nächste. Das ist die selbstbewussteste Mannschaft der Welt. Neapel nicht. Stark, sehr stark, aber nicht Real. PSG ist mit Mbappé eine andere Mannschaft, ich sehe da die Bayern noch nicht weiter, Leipzig bei City hat’s auch schwer und Dortmund in Chelsea auch. Wir haben’s vielleicht am schwersten, aber da gilt das britische Sprichwort: It ain’t over, till it’s over!

Die Saison ist noch lange nicht vorbei, Olli macht das schon! Ich habe Vertrauen.

Titelbild: Alex Grimm/Getty Images

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