Zunächst einmal möchte ich den jedwede Kommerzialisierung konterkarierenden Spielplan beklagen: Schon als aktiver Kicker habe ich mich durch den ereignisarmen Sommer gequält, bis es endlich wieder los ging. Einige wenige Spiele unter Idealbedingungen bis wir dann endlich wieder auf gefrorener roter Erde herumstolpern durften. Jan / Feb / Mar – ein klirrend kaltes Wintermärchen. Der April ging gerade so und beim ersehnten ersten Sonnenstrahl im Mai: Final Whissle und ein weiterer fader Sommer sollte beginnen.
Dieser Dreck nervt mich auch als Passivsportler. Es gäbe nichts schöneres, als bei Kaiserwetter im Walde der Eintracht beim siegen zuzusehen. Aber nein, trotz allumfassenden Kommerzes werde ich – die Kundschaft – dazu gezwungen, mich bei arktischer Kälte ins Stadion zu schleppen. Na klar ist der DFB dafür nicht verantwortlich – zugegeben. Noch nicht einmal Oliver Bierhoff. Inwieweit der DFB diese trostlose Gesamtsituation ändern könnte (Saison von meinetwegen Mitte März bis Ende Oktober und Endepeng), weiß ich nicht.
Bundesligaspiele bei gescheiten Wetterverhältnissen sind also rar. Um aber den Unfug auf die Spitze zu treiben, wird eines dieser wertvollen Wochenenden für ein fuckin’ überflüssiges Länderspiel verballert. Wie schön passt es da in mein Weltbild, dass eines der Gesichter von “Die Mannschaft” niemand anderer ist, als Oliver Bierhoff – die menschgewordene Power Point Präsentation.
“Wer den DFB angreift, greift die Nationalelf an”
Als Spieler hatte der Mann bei mir an gewisses Maß an Respekt. Wurde er doch in Italien einst Torschützenkönig; und zwar gegen einen gewissen Ronaldo, den richtigen Ronaldo. Den aus Brasilien und mit ohne Vornamen. Sein goldenes Tor – bitte hier der Kinder wegen den griffigen Begriff “Sudden Death” unbedingt vermeiden – brachte im Endspiel der EM 1996 den Football home, home wo er hingehört: In des Gegners Tor. So ungelenk und im Grunde genommen völlig zufällig ihm dieser Treffer auf das goldene Köpfchen auch gefallen sein mag, so gekonnt verwendet der kecke BWLer diese Hauptzutat in der ewigen Präsentation seiner Person.
Ausgerechnet im Vorfeld des epochalen Länderspiels gegen ausgerechnet diesen verrückten Gegner des damaligen Endspiels präsentiert ausgerechnet Oliver Bierhoff seine zumindest mir sehr schleierhaft erscheinenden wilden Thesen rund um das ausgerechnet kein bisschen komplexe Thema Fankultur / Fanprotest / Ultras … und das darf in diesem Kontext niemals fehlen: Gewalt.
Was mir sehr gut gefällt, ist der äußerst durchsichtige Versuch, den den DFB kritisierenden Personenkreis zu Angreifern – ich vermeide hier ausdrücklich den Begriff “Feinden” – der Nationalelf (“Die Mannschaft”) zu machen. “Wer den DFB angreift, greift die Nationalelf an” lautet die Überschrift dieses kicker Artikels. “… denn die Nationalmannschaft ist auch DFB”, so Bierhoff weiter.
Aha. Finde ich den DFB doof, finde ich denknotwendigerweise auch die N11 doof. Genauso, wie wir ja alle die USA doof finden, weil wir mit Trump nichts anfangen können … oder was weiß ich – weil mir Abbelwein nicht schmeckt, hasse ich Trinker.
Kritik am DFB – so drastisch diese auch in den Stadien heuer formuliert wird – ist zunächst einmal bei weitem kein Angriff. Damit geht es schon mal los. Die dreiste Behauptung, Kritiker des DFB griffen zwangsläufig auch die Nationalelf an, ist darüber hinaus im doppelten Sinne unverschämt: Zum einen wegen der haltlosen Unterstellung selbst und zum anderen des Wissens um die Öffentlichkeitswirksamkeit dieser Aussage wegen (siehe: “kecker BWLer” – der weiß sehr genau, wie diese Aussage ankommt).
Bierhoff spricht also einer erheblichen Gruppe Fußballinteressierter, Fußballfans, Fußballfreunden den Fußballpatriotismus ab, versucht diese der Öffentlichkeit als Wehrkraftzersetzer zu suggerieren, gegen die sich selbstverständlich jeder gerecht denkende Mensch positionieren sollte.
Die einzige Hoffnung ist, dass sich durch DFB-Pokal-Endspiel-Halbzeitkaspereien und die die breite Öffentlich bas erstaunenden völlig irrwitzigen Ablösesummen die Mainstreammeinung ein wenig in Richtung der Position der Fußballtraditionalisten einpendeln könnte. Tendenzen dazu gibt es. Immerhin. Ob das irgendwelche Konsequenzen für das Profi-Fußballbusiness haben wird, ist selbstverständlich keinesfalls sicher. Tatsächlich ist es sehr unwahrscheinlich.
Eines aber ist sicher: In welche Richtung auch immer der Zirkus weiterziehen wird, die menschgewordene Power Point wird lediglich einige Slites austauschen und munter ohne nachvollziehbare Funktion vorneweg marschieren.
PS.: Für mich ist die Nationalmannschaft übrigens ein Saisonartikel. Währen der WMs und EMs bin ich durchaus wohlwollend interessiert. In der Zeit dazwischen geht sie mir auf die Nerven (siehe: “… ein fuckin’ überflüssiges Länderspiel …”). Seltsamerweise fand ich den eigentlich unnötigen Confederation Cup 2017 gut. Begründung: Da spielten mir teilweise unbekannte junge Kerle einen ansehnlichen Fußball. Unsere etablierten Stars fehlten mir keineswegs. Eher im Gegenteil. Für mich DER Beweis, dass das ewige Geschwafel, man müsse dem Publikum Stars präsentieren, bezogen auf Typen wie mich gänzlich falsch ist.
Ich nehme aus dem Artikel nur mit, dass die Murmel keinen Äppelwoi mag. Skandal!
Jetzt hab ich Besuch und die wollen unbedingt dieses N11 schauen. Hol mir schnell nen Kasten Bier.
Der Herr mag also kein Powerpoint.
Sicher will er auch diese Anzeigentafeln wieder haben, wo die Zahlen mit der Stange hochgeschoben wurden und dann immer schief hingen. Tradition! Tradition!
Busbremser – wie die meisten anderen Dinge auch hat Power Point in manchen Situationen eine klare Berechtigung. Ich gebe allerdings zu, dass ich im US-Amerikanischen Geschäftsumfeld, wo Power Point zu einem einzigen monströsen Selbstzweck aufgeblasen wurde, eine gewisse Skepsis entwickelt habe.
Oliver Bierhoff allerdings kann ich nicht ausstehen. Abbelwein allerdings schon – sonst könnte ich ja Euch alle nicht leiden.