#SVDVFL – Zu Besuch bei Freunden in Südhessen

von korken

Ein paar Wochen ist es her, da kommt mein “Kleiner” nach einem Besuch mit Oma und Opa beim “Kirchgass-Fest” zu mir mit den Worten “Papi, ich hab was gewonnen, du darfst für mich da hin, ok?”. Er präsentierte mir eine Eintrittskarte für das Spiel der Lilien gegen den VfL Bochum am (mittelerneuert-)altehrwürdigen Böllenfalltor in Darmstadt.

#SVDVFL Eintrittskarte 10.09.2017

Naja, warum nicht? Ist ja um die Ecke, das letzte Mal hab ich den Lilien im wirklich noch ganz alten und ganz rumpeligen Bölle einen Besuch vor ziemlich genau 4 Jahren abgestattet, damals noch in Liga 3, gegen Preußen Münster, 4:0 gewannen die Lilien. Und ich unterscheide mich da von manchen anderen Zeitgenossen doch, ich kann da als Eintrachtfan sehr wohl hingehen, ich kann auch sympathisieren, ohne gleich ein Fan oder ein Hasser zu sein. Gerade jetzt, wo man sich nicht mehr die Liga teilen muss. Also: auf in einen entspannten Fußballsonntag, nach einem kurzen aber ausgiebigen Frühstück zum Frühschoppen am Bölle.

Weil man ja auch so seinen Pappnasen kennt – vorher mal das Telefon gezückt und andere Eintracht-Freud-und-Leid-Genossen im Darmstädter Raum angetriggert, von denen – ja, glaubt es oder lasst es – doch einige auch (Dauer-)Karten für die Lilien besitzen. Hey, was, du kommst auch? Klar, Bier, netter Mittag, 12.30 dort. Uff, 12.30? Wirklicher Frühschoppen. Aber Anpfiff ist ja auch schon um 13.30 Uhr, furchtbare Uhrzeiten, die uns hoffentlich erspart bleiben. Soweit es geht. Ist ja auch in Liga 1 nicht mehr unmöglich.

So ging die Reise los, 11.45 in die S-Bahn, am Darmstädter Hauptbahnhof im Restegetümmel des ankommenden Sonderzuges aus Bochum dann in die leere Straßenbahn, pünktlich am Stadion und zur verabredeten Zeit an vereinbarter Stelle mit dem Hannebembel getroffen. Bier (4 oi für nen halben Liter südhessisches Lokalbräu aus Pfungstadt), Wurst, oldfashioned, mit Westgeld bezahlbar, die rumpelige Atmosphäre ist trotz Neubau der beiden Stahltribünen hinter den Toren auf den ersten Blick noch erhalten geblieben.

Nach einiger Zeit schlichen wir uns dann über alte Treppenstufen, Schotterpfade und Sandberge an Toilettenwagen und Bierpavillons vorbei in Richtung der Gegengerade, und natürlich trafen wir dort überraschend noch weitere zwei alte Bekannte, die mir sonst eigentlich nur bei der Eintracht zuhause begegnen. Angekommen an der Gegengerade, die, wie ich finde, immer noch Herzstück des Böllenfalltor ist, Stehplätze, unüberdacht, auf Betonstufen, auf denen man nach wie vor Blümchen pflücken könnte, wurde mein Eindruck bestätigt – es ist immer noch rumpelig genug, um sich im alten Bunker nostalgisch zu fühlen.

Die Stadionbeschallung, so einhellige Meinung des Volkes vor Ort, sei sehr leise, man habe sich wohl tatsächlich den Anwohnern angepasst oder ergeben. Die Diskussion rund um den Neubau, Erhalt des Altbaus, Renovierung und die Anwohnerprobleme, die wird wohl nie enden. Die Mannschaftsaufstellung von gleicher Musik untermalt wie daheim im Wohnzimmer zu Frankfurt, aber eben mit einem Stadionsprecher, der ungefähr soviel musikalisches Taktgefühl hat wie ein 3-Zylinder-Motor beim Überholvorgang eines Traktors auf einer beliebigen Kreisstraße im Odenwald, war dann doch auch wirklich zweitklassig.

#SVDVFL Stadionansicht

Das Spiel ist schnell zusammengefasst: 1 Torchance in Halbzeit 1 führte zum 1:0 für die Gastgeber, in Halbzeit 2 gab es immerhin 3 Torchancen, die zum 1:2 Endstand führten. Die schönste Szene für mich: Elfmeter für Bochum, der Bochumer Spieler sagt: hey, Schiedsrichter, ich hab mich fallenlassen, sorry, kommt nicht wieder vor – und dann eben doch kein Elfer. Wäre schön, wenn das noch mehr Fußballer in allen Ligen so handhaben würden.

Nach dem Abpfiff: raus, Straßenbahn, S-Bahn, auf zur Kerb zuhause. Schon schön, wenn man sich so schnell bewegen kann – aber es ist und bleibt eben nur meine Sympathie und nicht meine Leidenschaft, das in Darmstadt.

Was bleibt? Eine Niederlage für die Lilien. Gutes Bier in einer netten, alten Umgebung. Ich komme bestimmt wieder mal vorbei, auch in Liga 3, wenn es sein müsste. Hauptsache, wir sind Liga 1 und ihr nicht. Vielleicht habe ich auch den Eintracht-Fluch der Rückrunde jetzt in Darmstadt gelassen. Sorry, liebe Südhessen, ich mag euch, aber da bin ich mir selbst doch am Nächsten. Denn ich will ja am Samstag live und in Farbe einen Erfolg im echten Zuhause gegen Augsburg erleben.

Bleibt sauber, man liest sich.

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