SGENapoli – eine Spielanalyse oder Fehler (zu viele) gegen Fehlerfrei (fast)

von Schnix

Vor das Vergnügen eines CL-Achtelfinales im Waldstadion hat der Fußballgott (wobei, wahrscheinlich hat der nix damit zu tun) die Einlasskontrolle gestellt. Nein, man kann natürlich nicht damit rechnen, dass 47.500 Zuschauer bei einem Abendspiel unter der Woche relativ zeitgleich rein wollen/müssen. Also stellt man als von der SGE beauftragter Sicherheitsdienst natürlich nur einen Security-Menschen pro Drehkreuz ans Gitter, statt vielleicht drei hintereinander pro Einlass-Spur. Ginge dann fast dreimal so schnell, und würde damit immer noch lange zwanzig Minuten dauern, aber klar, schmälert bei erhöhtem Personalaufwand in kürzerer Zeit natürlich den Gewinn. Da dann aber von „Sicherheitskonzept“ zu sprechen, wenn die Leute eine Stunde dicht und immer dichter gedrängt vor dem Nadelöhr stehen und alle immer nervöser und ungeduldiger werden, je näher der Anpfiff rückt, ist ambitioniert. Wer ist denn dann verantwortlich, wenn dann doch mal eine Panik ausbricht und ein paar Leute zerquetscht und totgetrampelt werden? Die Eintracht als Veranstalter? Die UEFA? Oder der Sicherheitsdienst? Vielleicht sollten ein paar Leute der Vereinsführung mal nicht mit dem SUV in die VIP-Garage fahren bei so einem Spiel sondern sich durch den normalen Fleischwolf drehen lassen!

Ganz abgesehen von der tatsächlichen Gefährdung für Leib und Leben wird einem noch sämtliche Vorfreude auf das Spiel und der gemütliche Plausch vor dem Museum genommen, weil man kurz vor Anpfiff direkt zum Platz hetzen muss. Unsäglich! Auf diesem angekommen, kann man dann Kleinkindern bei „Wenn Du mir mein Förmchen wegnimmst, haue ich Dir auf den Kopf, werfe mich auf den Rücken, strampele mit den Füßen, schreie und halte solange die Luft an bis…“ zusehen. Ja, bis was? Bis dann wieder alle nicht zu einem Spiel dürfen, die Eintrittskarten und Merchandising-Artikel noch teurer werden wegen der eingepreisten an den Verbraucher weitergegebenen UEFA-Strafzahlungen? Oder was soll passieren? Ja, ich bin da nicht sonderlich aufgeregt, wenn ein wenig Pyro abgefackelt wird, wenn nichts die Hand verlässt. Ist halt verboten. Wenn man dann aus Trotz mit dem Zeug um sich schießen muss, sieht das dann anders aus. Und wenn aus gastfreundlichem P*****-Komplex vor dem Spiel „unsere“ Schwachmaten deren Schwachmaten aufs Maul hauen müssen, mei, dann trefft Euch halt irgendwann auf der grünen Wiese, gebt’s Euch so richtig, bis einer heult, und dann verarztet Euch gefälligst selbst und nehmt nicht die Krankenversicherung in Anspruch. Besonders heldenhaft ist dabei natürlich, mit zwanzig gegen drei ein paar harmlose Unbeteiligte in ner Kneipe aufs Korn zu nehmen.

Schade, dass man sich dann doch immer wieder mit so ner Sch**** konfrontiert sieht, anstatt sich einfach an so einem fantastischen Fußballspiel (abgesehen vom Ergebnis) erfreuen zu können. Denn das war’s, ohne Frage! Womit ich beim eigentlichen Thema wäre, Eintracht Frankfurt gegen SSC Neapel. In einem CL-Achtelfinale! Sensationell!

Nun haben wir es also in diesem Spiel mit dem nächsten absoluten Hochkaräter zu tun bekommen, mit einer Mannschaft, die ähnlich wie wir, mit Personal antritt, das, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, sich seine Reputation auch erst bei dieser Station verdient hat. Osimhen galt bei Wolfsburg als Fehleinkauf, Kvaratskhelia war bislang auch nicht im großen Rampenlicht. Allerdings besteht diese Mannschaft nicht nur aus diesen mittlerweile Superstars, sondern aus vielen anderen Spielern mit extrem hoher Qualität, wie man sehen konnte. Was Lozano z.B. da abgerissen hat war allererste Sahne.

Ich fand, unsere SGE ist sehr gut ins Spiel gekommen. Es war zu sehen, dass beide Mannschaften gehörigen Respekt voreinander hatten. Die Eintracht stand bei gegnerischem Ballbesitz sehr tief, allerdings auf sehr wenig Raum zwischen Sechzehner und Mittellinie in einem klaren 5-4-1, ähnlich wie in Barcelona, und verschob sehr konzentriert und diszipliniert. Neapel kam nicht ein einziges Mal in vielversprechende Räume, hat es allerdings auch nicht mit viel Risiko versucht. Einige Male schnappten dann die sehr situativ aufgestellten Pressing-Fallen der Eintracht zu, was uns etliche sehr gute Möglichkeiten verschaffte, die leider nicht zum Erfolg führten. Aber das sah nicht schlecht aus und war mutig. Und natürlich war es das richtige Rezept, auf unsere schnellen, dribbelstarken Spitzen zu setzen, ohne zu hoch zu pressen und Napoli dadurch Räume anzubieten, dass die rasend schnell umschalten können, war vorher klar. Circa 25 Minuten funktionierte das ziemlich gut, dann hatte sich Napoli gut darauf eingestellt und übernahm mehr und mehr die Kontrolle.

Und da war dann hervorragend zu sehen, wie auf diesem Niveau viele Kleinigkeiten und vor allem Selbstvertrauen eine große Rolle spielen. Man hat gesehen, dass Napoli eine große Selbstverständlichkeit in ihren Aktionen hatte, die wurden überhaupt Nullkommanull nervös, bei nichts, man hat gesehen, dass die einen Lauf haben und bei ihnen gerade alles klappt und sie super eingespielt sind. Die haben extrem gut im Verbund verschoben und gepresst, alles sehr energisch und doch gleichzeitig mit einer enormen Ruhe. Am Anfang ist es uns gelungen, sie manchmal zu Ballverlusten zu zwingen, im Verlauf des Spiels dann aber so gut wie gar nicht mehr. Komplett alle ihre Spieler hatten eine extrem hohe Ballsicherheit, schnelle Antizipation und Entscheidungssicherheit, gepaart mit Schnelligkeit und Robustheit. Bärenstark! Nein, die waren nicht so völlig abgezockt wie Real in Helsinki, aber auch sehr selbstsicher. Und das war auch schon der eigentlich entscheidende Unterschied. Wir haben mittlerweile auch Spieler, die vieles sehr gut beherrschen, und an guten Tagen, grandios zusammenspielen. Aber bei den Spielern von Napoli ist die Qualität dann eben bei jedem noch etwas höher, alle sind kompletter und deren Selbstbewusstsein ist turmhoch.

Kommen wir zu einigen Szenen.

Buta, den ich auch anstelle von Knauff gebracht hätte, hat seine Sache eigentlich gut gemacht, er hat Kvaratskhelia, der unglaubliche Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins hat, ziemlich abgemeldet und auch noch ganz gute Aktionen nach vorne gehabt. Wie er dann den komplett unstrittigen Elfmeter (ob er ihn da absichtlich trifft oder nicht ist völlig unerheblich) verursacht, ist natürlich äußerst unglücklich. Natürlich kann er das zum Ballwegschlagen durchschwingende Bein nicht mehr abbremsen, dummerweise war der Ball nicht mehr da, weil Osimhen halt Vollgas gibt und ihm das Spielgerät wegspitzelt. Stark gemacht von Osimhen. Wie er überhaupt extrem stark war, super Zweikampfverhalten, sehr gut im immer richtigen Moment seinen Körper und seine Geschwindigkeit eingesetzt. Der Elfer war dann grandios gehalten von Kevin.

Der Fehlpass von Götze war grundsätzlich nicht so schlimm, natürlich muss er vorne im letzten Drittel auch mal einen riskanten Pass spielen, die ja bei ihm meistens auch ankommen. Dieser halt nicht. Napoli hat dann brillant umgeschaltet, ein extrem guter Pass auf Lozano, der ihn direkt im Tempo mitnimmt und dann den Turbo zündet und wiederum einen perfekten Pass auf die Rakete Osimhen spielt. Das war kaum zu verteidigen, vielleicht hätte Jakic ihn noch selbst reinhauen können. Absoluter Vorzeige-Konter. Danach N’Dicka mit dem haarsträubenden Ballverlust und fast das gleiche Tor, glücklicherweise Abseits. Je unbeeindruckter Neapel seine Stiefel spielte und einfach keine Fehler machte, umso beeindruckter wurden unsere und streuten mehr und mehr Fehler ein.

Die rote Karte gegen Kolo Muani war dann allerdings ein Fehler des Schiedsrichters. Wenn man eine robuste Linie im Spiel pfeift, darf man die auf keinen Fall geben. Genaugenommen war es sogar nicht mal ein Foul, Kolo Muani spielt, nachdem er ihn sich vorher zweimal gerade noch so zurechtgespitzelt hat, klar den Ball, sein Gegenspieler grätscht ihm dann den Knöchel unter die Sohle. Da gehen beide sehr riskant hin. Und natürlich kann man argumentieren, dass Kolo Muani da in der stärkeren Position ist und den Gegner böser treffen kann und vielleicht auch auf Foul entscheiden, und ganz eventuell auch auf Gelb, aber nie im Leben Rot. Eine klare Fehlentscheidung. Ich fand auch, dass man den Elfmeter für uns hätte geben müssen, klar in die Zange genommen, und nicht nur der CE findet, dass das Foul ist. Auch den hätten wir erstmal reinschießen müssen, aber dann wäre das Spiel vielleicht anders gelaufen.

Ich glaube nicht, dass Napoli von einem Rückstand sonderlich beeindruckt gewesen wäre, aber vielleicht wären unsere länger mutig geblieben. Je mehr das Spiel gegen uns lief, desto mehr gingen dann bei uns die Köpfe nach unten und die Sicherheit verloren, was auch ein klein wenig normal ist, aber nicht ganz Eintracht-Style. Aber es ist halt schon beeindruckend, wenn Du gegen einen Gegner spielst, der einfach keinen Fehler macht und kein bisschen nachlässt. Spätestens mit der einen, dann entscheidenden Aktion von Kvaratskhelia, der super entlang des Strafraums quer läuft und dann perfekt per Hacke ablegt für einen trocken mit der Innenseite verwandelten Abschluss, war die Messe gelesen. Ja, sie haben sich dann nochmal aufgerappelt, auch Knauff hat dann nochmal mit Speed über rechts und – wie vorher Buta auch – etwas Gefahr gebracht, und wer weiß, wenn Daichi, der wieder viel Licht und Schatten hatte, das Ding unter statt über die Latte haut… Fahrradkette. Es gibt ja Leute (oder Bots), die behaupten, dass wir mit Max wieder viel ausrechenbarer seien, weil so viel über links ginge. Grunz. Es ist doch gut, wenn wir eben auch wieder über links kommen können, das macht uns ja noch variabler, aber gut, manche müssen halt ihre Vorurteile bestätigen.

So haben wir also dieses Achtelfinal-Hinspiel verdient, aber vielleicht auch ein klein wenig unglücklich verloren. Es ist ja eine helle Freude, was wir in der letzten Zeit alles für Mannschaften ansehen konnten. In der Euro-League, und jetzt sogar in der CL. Sporting war sehr stark, Marseille nicht ganz so, aber Tottenham fand ich individuell sogar noch stärker als jetzt Napoli, allerdings haben die derzeit nicht so das Momentum auf ihrer Seite und streuten daher mehr Fehler ein. Ich finde, Neapel ist extrem stark im Moment, und man kann beispielhaft sehen, was so ein Lauf und eine Selbstverständlichkeit ausmachen. Ja die sind insgesamt kompletter und damit vielleicht eine Etage höher im Regal, aber das ist auch keine Übermannschaft. Auch da gibt es Möglichkeiten, auch wir können deren Außen mit Speed knacken, müssen dann aber unsere Effizienz erhöhen. Ich hätte mir z.B.  gewünscht, dass man Kim nach dessen gelber Karte viel mehr in Tempoduelle zwingt, leider haben wir kaum noch den Ball dahin bekommen.

Aber mal sehen, es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist, vielleicht finden wir unsere Überzeugung zurück, die wir ja schon gegen andere Gegner gezeigt haben. Dann geht auch in Napoli was, ein Fan von denen sagte, dass sie auswärts immer besser sind. und außerdem gerne mal verkacken, wenn’s dann richtig um die Wurst geht. Die Meisterschaft dürfte ihnen kaum noch zu nehmen sein, aber vielleicht so ein Achtelfinal-Rückspiel…

Forza, SGE!

Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

5 Gedanken zu „SGENapoli – eine Spielanalyse oder Fehler (zu viele) gegen Fehlerfrei (fast)“

  1. Nach dem Spiel will man nach Hause und was stellt man fest?
    Auf der A5 Richtung Nord ist Höhe Niederrad eine einspurige Nachtbaustelle eingerichtet.
    Super abgestimmter Termin.
    Fachkräftemangel überall!

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