Rückrundendesaster. Eine #SGE-Trainerdebatte.

von korken

Ratlos schaut er, der Oliver Glasner. Ein Rückrundedesaster läuft, das ist glaube ich unstrittig. Mit Blick auf die Tabelle der Rückrunde allemal. Eine Trainerdebatte keimt auf, bei Manchen, nicht bei allen.

Eigentlich wollte ich hier heute mal ordentlich losranten. Uneigentlich will ich das immer noch. Bin ja von meinen divaesken Gefühlen getrieben und, so wirft man mir persönlich vor, aber auch mir als Ingenieur oft genug, kann ohnehin nur schwarz und weiß. Gerade ist halt schwarz.

Und weil ich das untermauern wollte habe ich mir auf Bundesliga.de mal die Spielstatistiken angesehen. Von jedem einzelnen Spiel. Und das mal zusammengewürfelt. Und das brachte mir Erkenntnisse. Oder auch nicht. Denn ich fand das durchaus interessant. Und es hinterlässt noch mehr Fragezeichen. Aber auch Antworten.

Deshalb fangen wir mal mit den Zahlen an. Alle sind gegenübergestellt, immer SGE – Gegner. Die Hinrunde besteht aus 17 Spielen der Bundesliga, die Rückrunde zum “Stand jetzt” zum 29. Spieltag. Here we go:

MesswertHinrundeRückrundeDifferenz
Tore2,12 – 1,471,08 – 1,67-1,03 – +0,20
xG1,78 – 1,371,42 – 1,44-0,35 – +0,08
Ballbesitz50,0 % – 50,0 %50,92 % – 49,08 %+0,92 % – -0,92 %
Torschüsse12,53 – 11,2311,33 – 10,42-1,20 – -0,82
davon aufs Tor4,88 – 3,943,50 – 4,50-1,38 – +0,56
Pässe443,41 – 431,12511,50 – 452,08+68,09 – +20,97
ang. Pässe79,9 % – 78,1 %81,6 % – 79,0 %+1,7 % – +0,9 %
Laufdistanz115,19 – 114,30119,99 – 118,34+4,80 – +4,04
gew. Zweikämpfe101,82 – 106,65103,00 – 116,83+1,18 – +10,19
Ecken4,82 – 4,886,67 – 2,92+1,84 – -1,97

Wow. Was uns allen klar ist: wir schießen in der Rückrunde zu wenig Tore, nämlich mehr als 1 Tor weniger pro Spiel. Bekommen im Umkehrschluß marginal mehr Tore, nämlich +0,20.

In der xG-Statistik gehen wir von 2,12 auf 1,78 zurück, nicht so viel, dass es das 1 Tor pro Spiel weniger rechtfertigt. Der xG-Wert der Gegner steigt von 1,37 auf 1,44 knapp entsprechend werden mehr Tore gegen uns erzielt. Aber: wir fangen dennoch “nur” eben 1,67 Tore im Vergleich zu 1,47 Toren in der Hinrunde, das ist fast schon vernachlässigbar wenig.

Bei den Torschüssen gibt es einen quasi synchronen leichten Abfall bei unserer SGE als auch bei den Gegnern, bei den Eckbällen geht es signifikant auseinander: aus einem gleichen Verhältnis in der Hinrunde (nahezu identisch für beide) wird eine deutliche Diskrepanz von 6,67 gegenüber 2,92 Ecken pro Spiel. Ähnliches gibt es bei den Pässen zu entdecken.

Bei den gewonnenen Zweikämpfen rumpelt es aber durchaus gewaltig: unsere Gegner gewinnen plötzlich knapp 10 Zweikämpfe pro Spiel mehr (!).

Wow. Die Zahlen waren jetzt nicht wirklich hilfreich für mich, meinen Rant zu untermauern. Denn ganz offensichtlich liegt es nämlich nicht an der Bewegung auf dem Platz an sich, nicht an den Zweikämpfen, nicht an den Eckbällen, nicht an der verschlechterten Verteidigung.

Die Verteidigung ist statistisch genauso mies wie in der Hinrunde. Nur vorne, da läuft es nicht! Ist die Ursache also tatsächlich, dass sich Kolo Muani alle Bälle selbst holen muss, weil Kamada seiner Form hinterherläuft? Weil Lindström fehlt? Weil Götze auch eine Schippe schlechter ist, weil ihm eben die Unterstützung von Kamada-Lindström und sich die damit bildenden Räume fehlen? Weil Max stabil aber kein Überflieger ist und Knauff ebenso etwas durchhängt? Weil Dina Ebimbe verletzt war und Buta noch lernen muss? Man könnte glatt sagen: sieht deutlich so aus.

Und braucht es deshalb eine Trainerdebatte? Ich finde: ja. Nicht auf Basis der Statistik, vielleicht keine grundhafte Debatte, aber dennoch eine Debatte: wenn es nach vorne nicht klappt, wie kann man ein Team umstellen, um defensiv eher mal die 0 zu halten? Friedhelm Funkel lässt grüßen? Viererkette? Stabilere Fünferkette mit mehr Tendenz auf Konterfußball? Das Modell “immer der gleiche Stiefel” mal verändern? Das läge, so finde ich, schon am Trainer. Ein Modell, welches gerade eben nicht den nötigen Erfolg bringt, anzupassen.

“Dortmund wechselt Süle ein, wir Gebuhr”, so gab es Glasner nach dem Dortmund-Spiel wieder. Warum? Weil Gebuhr ein U21-Spieler ist, der jung und unerfahren ist? Es gibt das gute alte, ggf. auch überflüssige Sprichwort “unter Druck wachsen Diamanten”, und Druck kann man ruhig auch intern aufbauen. So ist mir das ständige “der Kader ist nicht breit genug” durchaus zuwider, wenn man andere und jüngere Spieler nicht zeigen lässt, was sie vielleicht können und gleichauf der Stammelf das wohlige Gefühl gibt, dass ihnen sowieso nichts passieren kann. Denn mehr als verlieren geht kaum, da dürfte Einigkeit herrschen. Es klingt ab und an einfach wie eine Ausrede für mich, dieses Kaderbreite-Argument.

Natürlich, ich weiß wo wir “herkommen”, natürlich bin ich hochzufrieden mit meiner Diva. Mit den letzten Jahren. Dennoch glaube ich darf man auch einmal emotional frusten oder kritisieren. Und an dem Punkt bin ich eben, trotz der Statistik. Denn: mir fehlen verändernde Impulse, wenn man sieht, dass ein gutes altes Rezept aufgrund fehlender individueller Klasse keine Früchte mehr trägt.

Ohne Frucht ist der schönste Baum nämlich oft nichts wert. Und genau diese fehlende Frucht löst sie aus, die Trainerdebatte. Die eigentlich unnötig ist. Und die genau jetzt eins zeigen könnte: warum Oliver Glasner nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter Trainer ist.

(Vielen Dank übrigens an die Diskussionen in den letzten Tagen per WhatsApp und in vielen Gesprächen. So manches wird der eine oder andere Beteiligte hier wiederentdecken.)

(Titelbild: Lars Baron/Getty Images)

2 Gedanken zu „Rückrundendesaster. Eine #SGE-Trainerdebatte.“

  1. Danke für die Mühe, mal die Fakten rauszuschreiben, Korken. Wie Du richtig schlussfolgerst, funktioniert unser System ja offensichtlich. Das einzige, was momentan nicht so funktioniert, sind die Torerfolge aus unseren vorhandenen Chancen. Sollte man also die Spielanlage verändern, weil unsere Schützen den Ball an den Pfosten setzen oder knapp daneben oder drüber oder der Torwart hält? Ich meine nein. Es ist ja zu sehen, dass Glasner in der Feinabstimmung durchaus Änderungen vornimmt, er verengt Räume und bringt andere Spieler. Für die erzwungenen verletzungsbedingten Wechsel kann er ja nichts. Und für die individuellen Patzer auch nicht. Jetzt alles umzustellen und der Mannschaft die Sicherheit des vorhandenen Systems zu nehmen, halte ich für nicht zielführend. Und wer sagt, dass eine defensivere Grundordnung erfolgreicher wäre? Wenn wir weiterhin so viele individuelle Fehler machen, bekommen wir genauso viele Tore, verzichten aber von vornherein darauf, selbst welche erzielen zu wollen. Halte ich nicht für erfolgversprechend. Wenn wir, wie in der Hinrunde und auch jetzt unseren Chancen entsprechend einfach wieder ein Tor mehr pro Spiel erzielen, gewinnen wir viele Spiele und die Bilanz sieht völlig anders aus. Zumal ein Führungstor z.B. ja auch immer ein Spiel verändert. Wenn wir in Dortmund in der guten Anfangsphase in Führung gehen, fangen die Dortmunder vielleicht an zu wackeln. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht schießen sie uns trotzdem ab. Aber wenn wir uns da von vornherein hinten rein stellen und sie gar nicht stressen, machen sie uns garantiert in Ruhe fertig. Wenn unsere Gegner also gar nicht mehr mit Eintracht-like Stress rechnen müssen und wir ein defensives System spielen das wir gar nicht so gut beherrschen, verbessert das unsere Erfolgsaussichten eher nicht. Für Augsburg sollte es auch so reichen, und mit dem Erfolgserlebnis und dem zurückkehrenden Lindström sollte dann noch was gehen.

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