#SGE – das größtmögliche Missverhältnis

von UliStein

Ein für gewöhnlich gut informierter und analytisch denkender Zeitgenosse schrieb mir vor kurzem, es habe seiner Meinung nach bei der Diva aus Frankfurt noch nie ein derartig großes Missverhältnis geherrscht zwischen dem, was man als fußballerisches Gefühl bezeichnen könnte und der realen Punkteausbeute. Und da ist wirklich was dran.

Die nackten Fakten sind schnell zusammengefasst. Man hat mit 24 Punkten nach 14 Spielen immer noch die Chance, die beste Hinrunde seit sehr langer Zeit, die in der vergangenen Saison mit 33 Punkten abgeschlossen wurde, zu egalisieren. Das ist zugegebenermaßen bei einem Gastspiel beim HSV, dem Heimspiel gegen den BVB und dem abschließenden Spiel in Stuttgart vor der Brust ein ambitioniertes, aber keinesfalls ausgeschlossenes Szenario.

Interessantes Gedankenspiel: zieht man den saisonübergreifenden Vergleich gegen die gleichen Gegner und die gleiche Heim/Auswärts-Konstellation, ist die glorreiche SGE in dieser Runde um sechs Punkte besser nach 14 Spielen. Wobei ich bei dieser Übung Köln in dieser Saison mit Kiel in der letzten verglichen habe.

Eigentlich gar nicht so schlecht und negativ, oder? Und was liest man so in den sozialen Medien und der Eintracht-affinen Presse?

“Der Trainer überfrachtet die Spieler”

“Die Mannschaft hat bei weitem nicht die Qualität der letzten beiden Jahre”

“Krösche hat bei der Zusammenstellung des Kaders versagt”

“Mit einer Portion Glück kann Eintracht Frankfurt eine komplett verkorkste Woche abwenden.”

Da stellt sich doch die Frage, warum sehen die Fans und auch die neutralen Beobachter die Mannschaft und ihre Spielweise viel, viel kritischer, als es die nackten Ergebnisse hergeben? Und ist an dieser negativen Sicht vielleicht mehr dran als die puren Daten hergeben und die Ergebnisse doch eher glücklich?

Ein Erklärungsversuch ist sicher das Thema der Laufleistung. Denn Laufleistung steht in gewisser Weise als Synonym für Einsatzbereitschaft, Energie und Motivation. Bei einem Blick in die Statistik zeigt sich, dass in der Liga die Eintracht an den ersten 14 Spieltagen nur in vier Begegnungen mehr gelaufen ist als der Gegner: gegen Bremen, in Leverkusen, gegen Mönchengladbach und gegen Wolfsburg. Und das geschah am ersten, dritten, fünften und dann wieder am dreizehnten Spieltag. Da könnte man doch vermuten, dass die Mannschaft der Gemengelage aus der Mehrfachbelastung, den sich häufenden Verletzungen und dem kleinen Kader Tribut zollen musste. Denn nicht nur waren dem Trainer bei der grundsätzlichen Rotation die Hände gebunden, es mussten auch häufig Spieler, die eigentlich leistungsbedingt eine Pause gebraucht hätten, wie phasenweise Theate, Koch, Chaibi und andere, immer wieder spielen.

Darüber hinaus führt der kleine Kader auch dazu, dass die Personalsituation schnell prekär werden kann, was jetzt vor dem Spiel gegen den HSV in voller Klarheit zu bewundern ist. Theate ist gesperrt, Skhiri und Chaibi sind zum Afrika-Cup abgestellt, die Einsätze von Koch, Larsson und Dahoud sind zumindest gefährdet, während Burkardt und Batshuayi mit absoluter Sicherheit ausfallen.

Nicht zuletzt gingen Spieler schon mit Rückstand aus Verletzungen in die Saison (Santos, Götze, Ngankam) oder waren in der Saison bereits verletzt (Larsson, Skhiri, Uzun, Kristensen, Höjlund). Und dadurch, dass davon quasi das komplette zentrale Mittelfeld betroffen war, konnte man sich in diesem Bereich gar nicht einspielen. Woran meiner Meinung nach ganz viel im Spiel der glorreichen SGE krankt. Vorwärtsverteidigung, Spielaufbau, Vertikalität. Alles Dinge, die vom zentralen Mittelfeld maßgeblich mitgestaltet und bestimmt werden.

Als Resümee des bisher gesagten lässt sich festhalten, dass sich die bisherige Saisonbilanz unter den genannten Umständen, mit der Mehrfachbelastung und den relativ hohen Ausfallzeiten, zwar durchaus sehen lassen kann, aber auch, dass jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden müssen. Sei es in der Trainingslehre oder in der Kaderzusammenstellung, die dringend mehr Breite und mehr Tiefe braucht.

Und wenn dann die richtigen Schlüsse und Maßnahmen getroffen werden steht einer erfolgreichen Restsaison eigentlich nichts mehr im Wege.

Titelbild: Alex Grimm/Getty Images

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