#SGE – Wunsch und Wirklichkeit

von UliStein

Ganz ehrlich, es fällt mir schwer, ein Spiel wie das vom Samstag einzuordnen, zumal wenn der Eindruck aus dem Stadion so gar nicht zu den statistischen Daten passt. Aber was mir langsam wieder besser gefällt, ist die Stadionatmosphäre, die Emotionen und die Lautstärke. Ist zwar noch einiges ruhiger als früher, zumal der von vielen so gescholtene Dauersingsang als Grundlage fehlt. Andererseits geht das Stadion langsam aber sicher wieder mehr mit, da haben gestern natürlich neben der eigenen Mannschaft auch die Kölner, ihre Fans und der Schiedsrichter einiges dazu getan.

Vorneweg, ich habe ein Gefühl, dass unser Trainer schon weiß, wo er eigentlich mit der Mannschaft hinwill, und welches System oder welche Systeme für den Kader passen. Ich denke, er hält ein 4-4-2 mit Raute oder flacher vier im Mittelfeld, oder ein 4-2-3-1 oder ein 4-3-3 für mögliche Varianten. Gestern sollte es wohl ein 4-4-2 flach sein, in dem vor der Abwehrkette Jakic und Sow die Zentrale besetzen sollten und Kostic (links) sowie Hauge (rechts) davor versetzt die beiden Halbräume bearbeiten sollten, mit gelegentlichem Positionstausch. Davor sollte Lammers als Zielstürmer agieren und Borré um ihn rum spielen.

Das mag in der Theorie gut aussehen und – wenn man ehrlich ist – es gab den einen oder anderen guten Ansatz. Ansatz halt. Will sagen, das Ausgleichstor war ein Fall von ‘so könnte es gehen’. Das ganze System krankt aber (und das nicht erst seit gestern) an der Viererkette, die auch eine nicht ganz unwesentliche Rolle in einem Spiel hat. Denn zum einen kann diese seit der Verletzung von Lenz nicht mehrt mit einem Linksfuß bestückt werden und zum anderen konnte bisher keiner der auf rechts eingesetzten Spieler auch nur im Ansatz überzeugen.

Gestern versuchte Glasner es zunächst mit Timmy Chandler links und Durm rechts. Auch wenn Timmy für mich auf Grund seines Einsatzes und seiner Bissigkeit fast Man of the Match war, eine Lösung ist er nicht für links. Zumal er es beinahe panisch vermieden hat, seinen linken Fuß zu benutzen und dann lieber irgendwelche halbgaren Außenristpässe geschlagen hat. Rechts mit Durm war leider schon nach wenigen Minuten erledigt, nach dem Foul des Kölners Kainz für das der indiskutabel pfeifende Schiedsrichter Petersen nicht mal gelb zeigte. Damit war wieder Danny da Costa rechts draußen unterwegs, und ich finde es nach wie vor erschütternd, wie sehr dieser Spieler wohl unter der Degradierung durch unseren Ex-Übungsleiter gelitten haben muss, dass er immer noch nur ein Schatten seiner selbst ist, auch wenn er immer wieder Ansätze zeigt.

Aber zurück zum Spiel(system). Die Viererkette ist derzeit nahezu nicht in der Lage, sich konstruktiv in den Spielaufbau einzuschalten, da sie eigentlich von einer Verlegenheit in die nächste Fällt und noch dazu einen Torwart hinter sich weiß, dessen Spiel in den letzten Wochen von massiven Höhen und Tiefen geprägt ist. Da werden viel zu viele Bälle abgeklatscht, die Strafraumbeherrschung war gestern auch wieder extrem verbesserungswürdig und die Abschläge sind ein einziges Ärgernis. Man sollte schleunigst überlegen, wo man ansetzt, um da Besserung reinzubekommen. Liegt es am Training insgesamt? Ist es eine Frage des spezifischen Torwarttrainings? Es gibt qualifizierte Leute, dies zu beurteilen. Die sind jetzt gefragt.

Was hat mir gestern gut gefallen? Die ganze Mannschaft wollte und hat sich gewehrt. Sie war bissig und hat sich nicht den Schneid abkaufen lassen. Für mich der beste Spieler war zum wiederholten Male Filip Kostic, der wirklich über die gesamten 101 Minuten (45+8+45+3) gezeigt hat, dass er diese Wechselarie inzwischen zu den Akten gelegt hat und sich wieder zu 100% auf die SGE konzentriert. Jakic ist defensiv ein Brett, trifft dann aber noch beim Spiel nach vorn zu oft die falsche Entscheidung, das dürfte sich aber mit weiterem Einspielen bessern. N’Dicka war defensiv bockstark wie immer, Hinteregger findet sich langsam wieder rein. Sow ist extrem wichtig derzeit, er klaut viele Bälle, hat gestern nach Hinteregger (15) mit 14 die meisten Zweikämpfe gewonnen. Nach vorn schaffte er es 73% seiner Pässe anzubringen. Nicht verkehrt. Borré war nicht nur wegen seines Tors stark, die Rolle zusammen mit Lammers gefällt ihm erkennbar besser. Lammer hingegen fand ich ein bisschen nicht Fisch, nicht Fleisch. Er hat viel versucht, aber leider mit wenig Fortune.

Und sonst so? Timmy war spielerisch eher schwach, dafür kämpferisch eine Bombe. Gewann 13 Zweikämpfe und schonte sich weder ohne noch mit Turban. Trapp war wie oben schon beschrieben mal wieder dezent neben der Spur, ich meine er hätte den hohen Ball vorm Gegentor abfangen können, wenn er Vertrauen in seine Strafraumbeherrschung hätte. Von den Einwechselspielern hat Kamada für mich gezeigt, dass er fraglos derzeit in die erste Elf gehört, zumal Hauge für mich für mich war neben den Außenverteidigern eindeutig der schwächste Spieler war. Zum einen hat ständig seine Position verlassen, ist teilweise vogelwild rumgedribbelt und konnte bis auf den Pass zu Kostic vor dem Tor nahezu keine seiner Ideen zur Vollendung bringen.

Und was heißt das für die Zukunft? Um die oben genannten Systeme zu bewerten, sage ich, dass das gestern gespielte mit der flachen Vier im Mittelfeld funktionieren kann mit Kamada und Kostic, dahinter Sow und Jakic, ganz vorn auf jeden Fall mit Borré und vielleicht sollte hier mal der gute Gonzalo Paciencia eine Chance bekommen?

Allerdings steht und fällt einiges mit der Viererkette, die ich in der gestrigen Zusammenstellung nicht nochmal brauche. Ich fand Durm auf links stärker als Timmy (sorry!), rechts bleibt nur darauf zu hoffen, dass sich da Costa fängt oder Touré eine Alternative wird. Wenn das mit der Kette weiter so hakelig wird, bleibt natürlich immer noch der Wechsel zur Dreierkette, den Glasner derzeit aber wohl auf alle Fälle umgehen möchte.

Und wenn man nach vorne schaut, ich denke, Kamada als Spielgestalter ist derzeit Alternativlos, man könnte auch ein 4-3-3 mit einem Mittelfeld aus Jakic, Sow und Kamada und einer Reihe mit Kostic, Lammers (Gonzo) und Borré oder Hauge gegen tiefstehende Gegner versuchen oder ein 4-2-3-1 bei einer eher defensiven Herangehensweise. Was man wohl vergessen kann, ist die Raute im 4-4-2, weil man damit einen von den beiden derzeit solide aufspielenden Jakic und Sow opfern müsste.

Es bleibt spannend.

(Titelbild: Imago Images

3 Gedanken zu „#SGE – Wunsch und Wirklichkeit“

  1. Und dass jetzt noch N’Dicka und Durm ausfallen macht das Leben des Trainers nicht leichter. Da führt fast nichts mehr an der Dreierkette vorbei.

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