Im dritten Teil der Kadergedanken geht es jetzt um den Sturm. Davor gab es schon Teil eins zu Tor und Abwehr sowie Teil zwei, der das Mittelfeld behandelt hat.
7 Omar Marmoush
Gekommen vom Verein der Dieselfreunde als durchaus vielversprechender Flügelstürmer, mit guten Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins, aber einer doch ausgeprägten Harmlosigkeit im Abschluss, außer natürlich gegen uns, kam Omar zur Eintracht und entwickelte sich letzte Saison, aus der Not geboren, zum absoluten Topscorer und zur Lebensversicherung der SGE.
Geholt wurde er eigentlich als Lindström-Ersatz, als Vorbereiter, der durchaus ab und zu mal trifft. Aber eigentlich sollte er Kolo Muani mit Vorlagen füttern und durch seine Schnelligkeit Räume schaffen und Gegenspieler binden. Nun war Kolo Muani weg. Auf den aller letzten Drücker. Und Omar war der einzige im Kader, der irgendwie den Mittelstürmer geben konnte. Also hat er das gemacht. Und wie! Er hat rasend schnell gelernt. Natürlich hat er von seiner überragenden Geschwindigkeit und seiner tollen Technik profitiert, aber ein eiskalter Vollstrecker war er bis dato nun wirklich nicht. Er hat in Wolfsburg reihenweise Chancen, die er sich toll selbst geschaffen hat, in schöner Regelmäßigkeit auch wieder zunichte gemacht. Und wie man sich in vorderster Linie in den Räumen bewegt, Bälle festmacht, und dann sich bietende Chancen handlungsschnell nutzt, wusste und konnte er nicht.
Aber er wollte es lernen. Und lernte schnell. Und da muss man dann auch die Rolle von Toppmöller hervorheben. Der hat ihm das nämlich, als ehemaliger gelernter Mittelstürmer, alles beigebracht. Das betont Omar selbst immer wieder. Jetzt kann er das alles. Er ist, quasi als Quereinsteiger, zu einem der spannendsten, komplettesten Stürmer geworden. In einer Saison. Rasend schnell, im Antritt und der Endgeschwindigkeit, wendig, trickreich, ballgewandt, schussstark, mit Blick für den Mitspieler. Rackert und gibt Gas bis zum Schluss, auch defensiv. Ein absoluter Teamplayer. Dank ihm sind wir letzte Saison, ohne gelernten Stürmer, in die Europa-League gekommen.
Diese Saison wird Omar noch besser werden. Er ist ehrgeizig, will weiter lernen, und wird weiter lernen. Und konnte man sich vor der Saison durchaus die Frage stellen, ob Omar denn weiter funktioniert, wenn er nicht mehr alleine da vorne den Platz hat, kann man jetzt schon sagen, dass er wahrscheinlich sogar noch besser funktionieren wird. Er spielt nämlich gerne mit der anderen Rakete da im Sturm zusammen. Und für seine Gegenspieler wird es schwieriger, weil sie sich nicht nur auf ihn konzentrieren können.
Das schöne ist, Omar ist ziemlich klar im Kopf und dazu noch ein absoluter Sympathieträger. Der findet’s geil hier in Frankfurt. Ist beliebt in der Mannschaft und auf der Tribüne. Natürlich ist er weg, wenn irgendwann ein großer Club anklopft, ihm ein Vielfaches davon bietet, was wir ihm zahlen können, und, und das ist das Entscheidende daran, er dann wirklich seinen Traum verwirklichen kann, der neue Mo Salah zu werden. Oder es zumindest zu versuchen. Im Wald des Sheriffs verdient er bestimmt auch das Doppelte als wie (korrekt hessisch!) bei uns, aber es ist nicht besser da als wie bei Eintracht Frankfurt. Bestimmt hat auch eine Rolle gespielt, dass der Sheriff-Scheich die Ablösevorstellungen der Eintracht nicht voll erfüllen wollte und die Eintracht ihn ja dann auch nicht unbedingt verkaufen musste. Aber er wäre in der Premier League gewesen und hätte mehr, viel mehr, verdient. Der weiß schon, was er hier hat. Und ich weiß, was wir an ihm haben. Und freu mich echt auf die Saison mit ihm. Und jetzt hat er ja Mitstreiter da vorne. Das wird spaßig!
9 Igor Matanović
Anfang letzter Saison sah er in einigen Vorbereitungsspielen auch schon ganz gut aus. Für den ungeübten Beobachter. Groß, körperbetont, wuchtig, und ein paar einfache Dinger hat er auch reingemacht. Viele haben schon gedacht, Ha! Endlich der lange vermisste Mittelstürmer Typ Horst. Weil man es sich gewünscht hat. Aber Igor war noch nicht wirklich soweit. Also wurde er nochmal nach Karlsruhe in die zweite Liga ausgeliehen. Das hat ihm extrem gut getan. Er hat diese Ausleihe nämlich nicht als persönliche Zurückweisung verstanden, auch wenn es als junger Spieler immer hart ist, sich eingestehen zu müssen, dass es vielleicht doch noch nicht ganz langt, auch wenn man das eigentlich glaubt. Aber er hat es als Aufforderung verstanden, weiter an sich zu arbeiten. Und als Chance. Und hat sie genutzt. Jetzt ist er bereit für die Bundesliga. Er ist kopfballstark, hat einen guten Abschluss, kann Bälle festmachen, hat eine durchaus gute Technik, ist auch nicht langsam, hat ein gutes Gefühl für die Räume und hat einen guten Blick für besser postierte Mitspieler. Und rackert ohne Ende für die Mannschaft. Ein kompletter Stürmer. Der nochmal ein anderes Profil mitbringt als unsere Raketen-Schnickser. Ein absoluter Gewinn. Das hat auch der kroatische Nationaltrainer erkannt.
Ja, Igor ist noch nicht fertig. Der muss noch viel lernen. Aber das weiß er und wird er. Er wird noch handlungsschneller werden, wenn er das schon wäre, hätte er jetzt schon seine ersten Bundesligatore geschossen. Aber die kommen. Ganz sicher. Schon bald.
11 Hugo Ekitiké
Im Wintertransferfenster auf den letzten Drücker für eine Rekordsumme verpflichtet, haben viele auf Flight Radar verfolgt, wie die neue Sturmhoffnung ganz knapp vor Ultimo zum Medizincheck und zur Vertragsunterzeichnung mit einer gecharterten Privatmaschine einschwebte. Die Vorschusslorbeeren reichten von „Super-Schnickser“ bis „Des is e Gork, der kann nix!“. Die Gork-Fraktion sah sich schnell bestätigt, als man ihn das erste Mal zu Gesicht bekam: „Wasn Schbarscheltarzan, der wird ja von em laue Lüftsche umgeblase. Den muss ma aaner füddern!“ Und riesigen Trainingsrückstand hatte er auch und war noch gar nicht einsetzbar. Zack, Fehleinkauf, hieß es.
Nun, wie wir jetzt Alle wissen, kam es anders. Das geschulte Auge sieht offenbar doch mehr. Auch in seinen ersten Einsätzen konnte man schon sein Potential erkennen. Und je fitter er wurde, desto mehr rief er das auch ab. Und hatte gegen Saison-Ende großen Anteil daran, dass die glorreiche SGE auch dieses Jahr wieder in Europa ist.
Was ein Kicker! Die Hoffenheimer Abwehrreihen jetzt am zweiten Spieltag waren völlig überfordert, und sie werden nicht die einzigen bleiben. Obwohl Kolo Muani schon sensationelle Sachen bei uns gemacht hat, ist Ügoh Lö Dösiämm wahrscheinlich sogar noch ein Upgrade zu ihm, technisch ist er nämlich besser. Der ist tatsächlich schon der komplettere Kicker. Was für ein Gesamtpaket!
Ekitiké ist raketenschnell, im Antritt und Top-Speed, unglaublich wendig, überraschend robust im Zweikampf, kopfballstark, abschlussstark mit rechts und links, schlau, mit Blick für den Mitspieler (was für eine Ablage auf Hugo den Ersten!!), und was der mit dem Ball auf engstem Raum anstellt, lässt nicht nur seine Gegenspieler fassungslos zurück. Manchmal denkt man ja, jetzt haben sie ihn. Aber denkste! Drei gucken sich doof an und Ügoh rennt weiter. Mit Ball. Unglaublich, der Typ! Und ganz offensichtlich hat der auch noch richtig Bock auf die Eintracht. Momentan sicher der spannendste Stürmer in der Bundesliga, da werden nach der Begegnung mit ihm einige Abwehrspieler ihr Schleudertrauma und den anhaltenden Schwindel verarbeiten und die Beine entknoten müssen, wenn sie nicht überhaupt nur den Luftzug bemerkt haben, als er an ihnen vorbeigerauscht ist. Und jetzt hat er ja auch noch Spielkameraden, die mit ihm zaubern wollen. Und können.
Das wird irgendwann der nächste Fantastilliarden-Transfer, aber bis dahin werden wir glücklich sein, ihn in unseren Reihen wirbeln zu sehen. Was ein Spaß!
19 Jean Mattéo Bahoya
Auch wieder einer jener pfeilschnellen Hochbegabten aus der schier unerschöpflichen französischen Nachwuchsarbeit. Verpflichtet als Außenstürmer, der anderen Konkurrenz machen und perspektivisch auch entsprechende Einsätze bekommen soll. In der französischen U-Mannschaft wird er ja auch schon regelmäßig eingesetzt und schießt sogar Tore und liefert Vorlagen. Auch bei uns konnte man ihn schon begutachten, er hatte ein ziemlich unglückliches Spiel in Stuttgart, bei dem er auch noch übelst umgetreten wurde, wo man sich doch sehr wundern musste, dass sein Unterschenkel nicht durch war. Viele haben auf ihn geschimpft, ich fand ihn damals eigentlich schon recht gut. Klar ist das auch noch ein total junger Hüpfer und muss noch viel lernen, aber er kann nicht nur rennen, sondern auch kicken. Gegen einen ermatteten Gegner kann man ihn ruhig mal werfen, er gibt denen dann den Rest. Er muss halt spielen. Aber bei unseren vielen Spielen und vielen möglichen taktischen Systemen wird er schon auf seine Einsätze kommen.
20 Can Uzun
Mit Sicherheit der spannendste Spieler aus der letztjährigen zweiten Liga. Der absolute Prototyp Straßenkicker. Hat etliche Gegenspieler zu Brummkreiseln degradiert und Torwächter zu Fliegenfängern. Das wird in der ersten Liga nicht ganz so funktionieren, er wird es mit handlungsschnelleren Gegnern zu tun bekommen und muss besonders an seinem Defensivverhalten arbeiten. Das wird er tun. Offensiv wird er nicht lange brauchen, um sein Spiel an die höhere Klasse anzupassen, technisch hat er alle Voraussetzungen. Nicht umsonst waren europaweit etliche Clubs hinter ihm her. Wenn man ihn spielen sieht, so im Dribbling und im Strafraum, kommt er einem eigentlich relativ klein vor, er schafft es, seinen Schwerpunkt ziemlich weit abzusenken, dadurch gelingen ihm tolle schnelle Drehungen. Er ist aber 1,86! Nun wahrlich kein Zauberzwerg. Auch er wird seine Einsätze bekommen, da bin ich überzeugt. Er hat auch das Selbstbewusstsein und den Ehrgeiz, um sich durchzusetzen. Er kann hinter den Spitzen, auf dem Flügel und zur Not auch ganz vorne spielen. Eine weitere tolle Option für den Trainer. Und wirklich ein Spieler, der sehr bald auch Gegnern in der Bundesliga Kopfzerbrechen bereiten wird. Und er ist erst 18! Ich bin gespannt.
23 Krisztián Lisztes
Der Vater des jungen ungarischen Offensivtalents war ja schon kein ganz schlechter Kicker. Manchmal hemmen ja große Fußstapfen etwas, bei ihm scheint das bislang nicht so zu sein. Alle U-Nationalmannschaften hat er durchlaufen, und dabei auch ordentlich Tore geschossen. Ob er nun eher offensiver Mittelfeldspieler ist oder doch Stürmer wird sich wahrscheinlich noch weisen müssen. Für ihn könnte es aber aufgrund des Überangebotes in der Offensive knapp mit Einsätzen werden. Wirklich gesehen habe ich ihn auch noch nicht, daher lasse ich auch den Blick in die Glaskugel.
36 Ansgar Knauff
Einer der fünf verbliebenen Europapokal-Helden im Kader. Schütze des Traumtores zu Hause gegen Barça. Des frühen Tors in London. Vorlagengeber im Halbfinale in Frankfurt… Und der Kerl ist immer noch erst 22. Viele haben ihn ja etwas vom Schirm verloren, weil wir jetzt so neue Raketen haben. Dabei ist er ja selbst eine. Eine der schnellsten Raketen in der Liga. Davon profitiert er auch hauptsächlich, ein Eins-gegen-Eins technisch aufzulösen ist nicht so ganz seins. An seinem Abschluss hat er gearbeitet. Hat immer noch Probleme, im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen, sonst hätte er noch viel mehr Scorer-Punkte und einige Fans weniger graue oder ausgerissene Haare. Wenn er das noch hinbekommt, wird er es dem Trainer noch schwerer machen bei der Entscheidung für ein taktisches System, oder wer für ihn draußen bleibt. Er kann die rechte Schiene spielen, oder auch rechts und links auf dem Flügel. Wenn er gut drauf ist und das nötige Selbstvertrauen hat, ist er kaum zu halten. Zudem ein obersympathischer Sonnenschein. Und wenn man sich überlegt, ob das noch was wird mit dem guten Ansgar, braucht man sich nur mal die Scorerliste der vergangenen Saison ansehen. Auf welchem Platz hinter Marmoush…? Wissta Bescheid!
Titelbild: Helge Prang/Getty Images
Omma Platz 13 mit 21 Punkten
Knauffi Platz 46 mit 10 Punkten
JB und Diva de_Bembel Platz 63 mit 8 Punkten
(ligaweit)